Die Konzeption der Wolfsschule

Die Wolfsschule gilt auch heute noch als Novum in der Verhaltenskunde und der Geschichte der Tierdressur. Bis zu den Erfolgen in der Wolfsschule wurde es für schlicht unmöglich gehalten, Wölfe zu trainieren. Aber was war das Erfolgsrezept, wie wurde das Unmögliche möglich?

Schlüssel zum Geheimnis ist die besondere Arbeit des Trainers. Dieser ist nicht der Leitwolf, sondern geht mit einer eigenen Philosophie – ganz im Sinne von Gerd Siemoneit-Barum – zu Werke:

Im Wesentlichen bedeutet dies, so in die Seele der Tiere vorzudringen, dass man seine Schüler verstehen kann. Der Tierlehrer ist Trainer, aufmerksamer Beobachter, Vertrauensperson – aber keineswegs Kumpel oder Artgenosse. Die individuelle Förderung und auch Forderung jedes Tieres wird groß geschrieben, ebenso wie das zu vermittelnde Gefühl der Geborgenheit und der Achtung, mit dem Stress und Spannung vermieden werden. Die Tierschüler unterwerfen sich nicht dem Tierlehrer, sondern dem Training, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Weiterhin muss im Team die "Mischung" stimmen, nicht nur "angriffslustige Häuptlinge" oder auch nicht nur "Harmoniesierer" dürfen das Team ausmachen.
Die Motivation erfolgt durch Lob und Bestätigung. Indem ein verlockendes Ziel vor Augen geführt wird, entsteht die unentbehrliche Begeisterung. Der Tierlehrer hilft, dass sich die Schüler im Rahmen von Fähigkeiten und Neigungen verwirklichen können und baut deshalb spezielle Vorlieben und Fähigkeiten des Einzelnen in ein Gesamtkonzept ein. Nur so war es möglich, eine Gruppe von erfolgreichen Wolfsschülern heranzubilden.

Die Präsentation von Dr. Neumann´s Wolfsschule besticht durch ihren einzigartigen Stil. In scheinbar ungezwungenem Rudelverhalten eingebaut und eigenwillig-populärwissenschaftlich bis unterhaltsam von Dr. Neumann als Tierlehrer kommentiert, erscheinen die Elemente klassischer Raubtierdressur anders als vom gewohnten Dompteur-Raubtier-Bild erwartet. Nämlich nicht der Tierlehrer steht als der alles Beherrschende im Vordergrund, sondern die Wolfsschüler, und zwar als Partner und Individualisten, deren Eigenheiten es zu respektieren und im Unterricht als Talente auszubauen gilt. So werden Fähigkeiten und Charaktereigenschaften dargestellt und kommentiert, die jeden einzelnen Wolf als eigene Persönlichkeit zur Geltung kommen lassen.